Universität Bonn

Institut für Archäologie und Kulturanthropologie

Gabii/Latium. Die Befestigungen von archaischer bis in mittelrepublikanischer Zeit



Projektbeschreibung

Gabii Abb 1
Luftaufnahme von Norden (2007) © Gabii-Projekt

Der antike Ort Gabii liegt 12 Meilen von Rom entfernt an der Straße nach Palestrina.

Die Uferzone des Kratersees Lago di Castiglione war bereits seit der mittleren Bronzezeit besiedelt. Wie die Belegung der Nekropole Osteria dell'Osa zeigt, muss Gabii seit dem 9. Jahrhundert ein bedeutender Ort gewesen sein, doch haben wir noch keine genaue Kenntnis der Siedlung. Zu Beginn der Eisenzeit wurde wahrscheinlich das an den See grenzende Tuffplateau bewohnt, auf dem sich im Verlauf des 8. vorchristlichen Jahrhunderts eine protourbane Siedlung etablierte. In archaischer Zeit blühte die Stadt auf, verlor aber seit mittelrepublikanischer Zeit an Bedeutung und an Bevölkerung. In der späten Republik wurden schließlich Steinbrüche auf dem Stadtgebiet eingerichtet.

Ziel der Untersuchung ist eine historische Einordnung Gabiis unter der Perspektive der Stadtwerdung in Latium. Wesentliches Element dieses Prozesses ist das Errichten von Wehranlagen, welche die entstehende urbane Gemeinschaft äußerlich schützte und innerlich als Einheit definierte. Beabsichtigt ist eine exemplarische, feldarchäologische Erforschung der Stadtmauern Gabiis in ihrer Form, Ausgestaltung und Entwicklung. In dem geplanten Vorhaben soll eine chronologische Abfolge der Befestigungen erschlossen werden, die einen Beitrag zur Stadtgeschichte leisten wird. Neben der Klärung von fortifikatorischen Aspekten ist abschließend die kulturelle Stellung und Bedeutung des Ortes Gabii in Mittelitalien zu beurteilen.

Riassunto italiano

L'antica Gabii si trova a 12 miglia da Roma sulla strada che porta a Palestrina. Le sponde del lago vulcanico di Castiglione erano occupate da insediamenti fin dalla media età del bronzo. Come dimostra la necropoli di Osteria dell'Osa, Gabii doveva avere essere un sito importante a partire dal IX secolo, anche se non abbiamo conoscenze precise dell'insediamento. All'inizio dell'età del ferro probabilmente venne abitato il pianoro tufaceo adiacente al lago, sui cui nel corso dell'VIII sec. a.C. si stabilì un insediamento protourbano. In età arcaica la città fiorì, perse tuttavia importanza a partire dall'età medio repubblicana, registrando anche una perdita demografica. Nella tarda repubblica l'area urbana venne infine occupata dalle cave.
L'indagine intende fornire una classificazione storica di Gabii nel contesto della nascita della città nel Lazio. Elemento essenziale di questo processo è la realizzazione di impianti difensivi che proteggevano la comunità urbana che si stava formando verso l'esterno e la definivano come unità verso l'interno. Si intende quindi realizzare uno studio dimostrativo attraverso i metodi dell'archeologia di campo per le mura urbane di Gabii nella loro forma, articolazione e sviluppo. Il progetto presentato mira alla restituzione della sequenza cronologica delle fortificazioni per gettare luce sulla storia della città. Oltre a chiarire gli aspetti fortificatori si intende infine valutare la posizione e l'importanza culturale di Gabii nell'Italia centrale. 

Bisherige Arbeiten

Das Projekt wurde in Rom begonnen und von 2006 bis 2008 hauptsächlich aus Mitteln des DAI Rom finanziert. Von 2010 bis 2014 wurden die Ausgrabungen von der DFG gefördert. Folgende praktische Arbeitsschritte konnten durchgeführt werden:

  • Geodätische Vermessung, Vermarkung und Planerstellung durch die Hochschule Magdeburg Stendal, Prof. T. Scheffler 2007
  • Bauaufnahme des freigelegten Teilstückes der Nordmauer 2006 und 2007 durch Dipl.-Ing. Antje Werner
  • Geophysikalische Prospektionen ausgewählter Areale 2007 und 2008 durch die Universität Kiel (Dr.-Ing. Harald Stümpel, Dipl.-Ing. Tina Wunderlich)
  • archäologische Ausgrabungen im Frühjahr und Herbst 2008, im Herbst 2010, im Frühjahr und Herbst 2011, im Herbst 2012, 2013 und 2014
  • Die Schlusspublikation ist in Druckvorbereitung.

Stand der Untersuchung & bisherige Ergebnisse

Die geophysikalischen Prospektionen hatten bereits zur Bestätigung der These M. Guaìtolis (s. Publikationen) einer umwehrten Siedlung geführt. Die Geländekante, die vor Ort mit bloßem Auge erkennbar ist und die sich in den Luftaufnahmen als weiße Linie zeigt, entspricht einer Stadtumwehrung. Die Ergebnisse der Prospektionen lassen auf eine 11-12 m breite Aggermauer schließen, die ein Areal von ca. 75 ha halbmondförmig umschloss.             

Gabii Abb 2
Plan des antiken Stadtgebietes mit rekonstruiertem Verlauf der archaischen Aggermauer © Gabii-Projekt

Es handelt sich um eine frühe Wall-Graben-Anlage. Der Verlauf der Mauer sowie einzelne Tore oder Türme zeichnen sich in den Prospektionen sehr deutlich ab.

Im Süden der Siedlung konnten inzwischen im Bereich des Befestigungsgrabens drei Grabensysteme erfasst und dokumentiert werden. Damit ist erstmals der archäologische Nachweis der Verteidigungsanlage geführt. Der rekonstruierte zeitliche Ablauf ist wie folgt:

  • Anlage des ältesten Grabens frühen 6. Jh.
  • Anlage eines Doppelgrabenssystem spätestens im 5. Jh.
  • Aufgabe des Doppelgrabensystems in augusteischer Zeit bis zur Neuanlage des weiteren Grabens in der Kaiserzeit

Im Bereich der Akropolis konnten elf Grabungssondagen und zwei Grabungsareale (A 2010/11/12/13/14 und B 2010/11/12/13/14) neue Erkenntnisse zur Interpretation und Bedeutung der Nordmauer erbringen. So handelt es sich bei der bereits 1977 freigelegten Mauer nicht um eine Kombination von Außenmauer und Hinterfüllung in Form von unbearbeiteten Steinen. Vielmehr stellt die Quadermauer eine Verkleidung einer älteren Mauer dar, die als Aggermauer ausgebildet war. 

Gabii Abb 3
Luftaufnahme der Grabungsfläche D 2012/13/14 © Gabii-Projekt
Gabii Abb 4
Blick auf einen Teilabschnitt der Nordmauer der Akropolis. Im Hintergrund die Albaner Berge © Daniela Gauss

Diese Aggermauer kann aufgrund der zahlreichen Funde in die Phase Latial IIB (9. Jh.) datiert werden.

Beim Abtragen des Erd- und Steinmaterials kam zudem eine noch ältere Mauer ans Licht, die in ihrem unteren Bereich aus Bruchsteinen bestand und oberhalb dieses Sockels aus Lehm errichtet war. Diese ca. 2 m breite Mauer gehört wahrscheinlich noch in das 10. Jahrhundert. Die jüngere Quadermauer wurde in der 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts der älteren Aggermauer vorgeblendet, wie bauhistorisch-stilistische Vergleiche und stratigrafische Beobachtungen nahelegen. Eine spätere Reparaturphase gehört in das 3. vorchristliche Jahrhundert.

Die Lage und frühe Zeitstellung der ersten Mauer erlauben den Schluss, dass die Anhöhe auf dem Ostrand des Kraters wohl bereits im 10. Jahrhundert befestigt war und wahrscheinlich als eine innere Akropolis anzusprechen ist. Weitere Sondagen führten zu der begründeten Hypothese, dass im Bereich der heutigen Fahrstraße das Nordtor der Stadt gelegen haben muss. Die Reste des Zangen(?)-Tores befinden sich wahrscheinlich einige Meter unter dem heutigen Niveau.
Im östlichen der beiden Grabungsschnitte wurde unmittelbar südlich der Aggermauer mit der Freilegung eines Werkstattareals eines Bronzegießers begonnen. Darauf deuten eine Gussgrube, der Fund einer fragmentierten Gussform und die deutlichen Spuren von Hitzeeinwirkung in einem von uns als Werkstatt interpretierten Areal.

Beim derzeitigen Grabungsstand ist das zeitliche Gerüst für den Bereich der Akropolismauer das folgende:

  • Bau der Lehmmauer im 10. Jh.
  • Bau der Aggermauer oberhalb derselben im 9. Jh.
  • Einrichtung einer Werkstatt und Bau von Hütten im 9. Jh.
  • Bau der Quadermauer in der 1. H. d. 6. Jhs.
  • Ausbesserung im Norden im 3. Jh.
  • sehr bald danach Ausraubung und Aufgabe der Mauer 
Gabii Abb 5
Luftaufnahme der Grabungsflächen A und B © Gabii-Projekt

Der Schwerpunkt des Projektes liegt auf der feldarchäologischen Untersuchung der Befestigungswerke Gabiis. Auf der Grundlage der Grabungsergebnisse sollen die folgenden Fragenkomplexe erörtert werden:

  • Rekonstruktion von Stadtgeschichte
  • Aspekte der Fortifikationstechnik
  • Rekonstruktion des Stadtbildes und des kulturellen Profils der Stadt
  • Prozesse der Stadtwerdung
  • M. Guaítoli, Gabii: Osservazioni sulle fasi di sviluppo dell’abitato, QuadIstTopAntRoma 10, 1981, 23 - 57.
  • S. Helas, Prospezioni geofisiche a Gabii. Interpretazioni e prospettivi per uno studio delle mura, in: G. Ghini (hg.), Kongress Lazio e Sabina 6, Roma 4.-6. März 2009 (2010) mit weiterer Literatur
  • M. Guaìtoli, Lo sguardo di Icaro : le collezioni dell´Aerofototeca nazionale per la conoscenzo del territorio. [24 maggio - 6 iuglio 2003 Istituto Centrale per il Catalogo e la Documentazione] (2003).
  • S. Helas, Gabii/Latium. Die Befestigungen von archaischer bis in mittelrepublikanische Zeit. Erster Vorbericht, in: KuBA. Kölner und Bonner Archaeologica 3/2013 (2014) 145-166.
  • Nuove ricerche sulle fortificazioni di Gabii. Le indagini sul versante orientale dell’acropoli e sul lato meridionale della città, in: P. Fontaine – S. Helas (hg.), Fortificazioni archaiche del Latium vetus e dell’Etruria meridionale, Kongress Rom 19.-20.9.2013 (2016) 91-109.

Dr. Sophie Helas
Institut für Archäologie und Kulturanthropologgie der Universität Bonn
Abt. Klassische Archäologie

Römerstraße 164
53117 Bonn
Raum 1.014a

Tel.: +49-228-73 50 11
E-Mail: shelas@uni-bonn.de
  • Tobias Scheffler
  • Ercan Erkul, Universität Kiel
  • Antje Werner
  • Sabine Deschler-Erb, Archäozoologin
  • Örni Akeret, Archäobotaniker
  • Petra Fleischer, Schnittleitung
  • Sandra Münzel, Schnittleitung
  • Eva Maria Träder, Schnittleitung
  • Alexander von Helden, Schnittleitung
  • Marzia Zingaretti, Robinson Krämer, Lucia Lecce, Fundbearbeitung
  • Anne Weirich, studentische Hilfskraft (Grabungsdatenbank)
  • Dott. Stefano Musco, Soprintendenza Archeologica di Roma
  • Dott.ssa Giuseppina Ghini, Soprintendenza Archeologica del Lazio
  • Prof. Henner von Hesberg, Deutsches Archäologisches Institut Rom
  • Fokus Fortifikation: Antike Befestigungen im östlichen Mittelmeerraum
  • DFG, Einzelförderung www.dfg.de/
  • Fritz-Thyssen Stiftung
  • Leopold Werner Stiftung
  • Maria von Linden-Programm
  • Universitätsgesellschaft Bonn
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