Universität Bonn

Abteilung Christliche Archäologie

Ostia

Die konstantinische Bischofskirche von Ostia: Struktur – Entwicklung – Kontext

Das Projekt hat zum Ziel, die einzigartigen Funde und Befunde der konstantinischen Bischofskirche von Ostia großflächig zu erforschen. Das architektonische Ensemble –bestehend aus Basilika, Atrium, dem mutmaßlichen Episkopium sowie dem Baptisterium – wird im Rahmen mehrerer stratigraphischer Ausgrabungskampagnen hinsichtlich seiner Bautypologie und Chronologie untersucht. Der Betrachtungszeitraum reicht neben der kaiserzeitlichen Vorgängerbebauung von der Errichtung der Kirche um 320 – 330 n. Chr. über die verschiedenen Nutzungsphasen bis hin zur Aufgabe des Gebäudekomplexes im Frühmittelalter. 
Die Bischofskirche wurde in den 1990er-Jahren im Rahmen eines urbanistischen Forschungsprojekts durch geophysikalische Prospektionen und Luftbildauswertungen entdeckt und anschließend durch kleinere Sondagen verifiziert. Vor Beginn der großflächigen Ausgrabungen waren daher vor allem ihre Umrisse bekannt. Da das Ensemble unmittelbar unter der Humusschicht liegt, bietet das Areal ideale Voraussetzungen für eine umfassende archäologische Untersuchung.

Luftbild des Grabungsareals 2025
© Archiv des Ostia-Projekts

Die Basilika stellt ein Schlüsseldenkmal des frühchristlichen Kirchenbaus dar: Von den konstantinischen Kirchenstiftungen ist nur sie vollständig frei von späteren baulichen Überformungen geblieben. Damit bietet der Bau von Ostia die Möglichkeit, den ursprünglichen Bautypus in seiner Gesamtheit für typologische, architekturgeschichtliche und liturgiegeschichtliche Fragestellungen zu analysieren. Darüber hinaus handelt es sich um das erste bekannte Beispiel einer "Standard"-Basilika, die weder als Ex-voto-Stiftung noch als architektonischer Schrein um ein verehrtes Grab oder als Cömeterialkirche errichtet wurde.
Seit dem Sommer 2023 führt ein Team der Abteilung Christliche Archäologie der Universität Bonn in Kooperation mit der Klassischen Archäologie der Universität zu Köln sowie dem Deutschen Archäologischen Institut, Abteilung Rom, unterstützt von Studierenden der Universitäten La Sapienza, Roma Tre und des Pontificio Istituto di Archeologia Cristiana, die Ausgrabungen im Bereich der Bischofskirche durch.
Die erste Kampagne konzentrierte sich auf den Ostabschluss der Kirche mit Apsis und Presbyterium. Dabei konnten wichtige Erkenntnisse zur Bautypologie, Chronologie und liturgischen Ausstattung gewonnen werden, darunter die Identifizierung einer bislang unbekannten Bauphase mit der Errichtung einer solea im Mittelschiff der Kirche sowie Hinweise auf eine ungewöhnliche Apsisform der konstantinischen Basilika. In der zweiten Kampagne im Sommer 2024 lag der westliche Bereich der Basilika mit dem Übergang zum Atrium im Fokus. Neben einem großflächig erhaltenen Bodenmosaik aus konstantinischer Zeit kamen verstürzte Arkadenbögen sowie ein ionisches Kapitell zutage, die einen weiteren Einblick in die Gestaltung des sakralen Innenraums ermöglichen. Die dritte Grabungskampagne im Sommer 2025 widmete sich dem Bereich im Süden der Basilika und des Atriums bis hin zur Stadtmauer. Im Mittelpunkt standen das Baptisterium sowie das mutmaßlichen Episkopium. Dessen Existenz konnte durch den Nachweis einer großen Aula mit Bodenmosaik und marmorner Wandverkleidung bestätigt werden. Die Untersuchung des Übergangs zwischen Atrium und Straße sowie der östliche Bereich des Episkopiums ist für die kommenden Jahre geplant.

Panorama des Grabungsareals 2025
© Archiv des Ostia-Projekts

Die neuen Befunde bilden ein zentrales Puzzlestück für die (christliche) Sakraltopographie Ostias sowie für die Rekonstruktion der lokalen Nutzungs- und Aufgabeprozesse. Zugleich besitzen sie herausragende Bedeutung für das Verständnis der konstantinischen Baupolitik und der spätantiken christlichen Sakralarchitektur insgesamt. Darüber hinaus verspricht die spezifische Fundsituation neue Erkenntnisse zur städtebaulichen Entwicklung Ostias von der späten Republik bis ins frühe Mittelalter.

Laufzeit: Ab 2022

Finanzierung: Deutsche Forschungsgemeinschaft

Kooperationen: Klassische Archäologie der Universität Köln (Prof. Dr. Michael Heinzelmann); Deutsches Archäologisches Institut Abteilung Rom (Prof. Dr. Norbert Zimmermann); La Sapienza (Prof. Dr. Emanuela Borgia); Ostia Antica Parco Archeologico

Projektmitarbeiter*innen: Marius Berger M.A. (Universität Köln) und Hannah Boes M.A. (Universität Bonn) 

S. Feist – M. Heinzelmann – N. Zimmermann – E. Borgia – H. Boes – A. Schröder – M. Elefante – A. Troiani – F. Russo, Die konstantinische Bischofskirche von Ostia. Vorbericht zur ersten Grabungskampagne 2023, in: Kölner und Bonner Archaeologica 13, 2023, 163 – 181.

S. Feist – M. Heinzelmann – N. Zimmermann – E. Borgia – H. Boes – A. Schröder – M. Elefante – A. Troiani – F. Russo, New Insights into the Building Design and Construction Phases of the Constantinian Bishop's Church at Ostia, in: RM 130 (2024) 207 – 236.

Zeitungsbericht bei Vatican News (Grabung 2023, auf Italienisch)

Fernsehbericht bei RAI 3 (Grabung 2023, auf Italienisch)

Zeitungsbericht in der Antiken Welt (Grabungen 2023 und 2024)

Zeitungsbericht in der Zeit (Grabung 2025)

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