"Kontextil" ist eine Zusammensetzung der Begriffe "Kontext" und "Textil" und steht für die Bedeutung von Textilien im archäologischen Kontext und in vergangenen Gesellschaften und Lebenswelten. Kontextil setzt mehrere textilarchäologische Forschungsprojekte der Abteilung Christliche Archäologie fort; ermöglicht durch die Förderung der Gielen-Leyendecker-Stiftung.
Die Kooperationsprojekte "Römische bis merowingerzeitliche textile Bodenfunde im Bestand des LVR-LandesMuseums Bonn" und "5000 Jahre europäische Textilgeschichte: Das Textilarchiv Hans-Jürgen Hundt im Leibniz Zentrum für Archäologie (LEIZA, ehemals Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz") dienen der Erfassung und Auswertung lokaler Textilfunde, die in der Regel nur als kleine Fragmente erhalten sind. Gegenstand dieses Projektes ist die umfassende Aufarbeitung dieser textilen Bodenfunde im Bestand des LVR-LandesMuseums Bonn. Durch die Kenntnis einer statistisch aussagekräftigen Anzahl von Funden werden Untersuchungen zu Herstellung, Aussehen und Verwendung von Kleidung, Einrichtungs- und Gebrauchstextilien im römer- und merowingerzeitlichen Rheinland möglich. Regelhafte Kombination von textiltechnischen Merkmalen lassen Textil-Typen erkennen, die in Hinblick auf ihre Chronologie, räumliche Verteilung und soziologischen Kontext ausgewertet werden.
Das Kooperationsprojekt "Datenbank für datierte Textilien", zeigt ebenfalls ein Desiderat der Textilforschung auf. Eine Vielzahl einzelner, internationaler Ergebnisse zu naturwissenschaftlichen und archäologischen Datierungen von Textilien des ersten Jahrtausends nach Christus werden hier zusammengetragen und digital zugänglich gemacht. Diese Zusammenschau erlaubt erstmals die Kontextualisierung der Datierungen mit weiteren Zusammenhängen wie Herstellungsweise (Material, Webtechnik) oder Verbreitung (Fundort).
Datierungsmethoden für antike Textilien
Es gibt verschiedene Methoden zur zeitlichen Einordnung von Funden antiker Textilien: naturwissenschaftliche, archäologische und historische. Während die wichtigste naturwissenschaftliche Methode eine Radiocarbonanalyse ist, basiert die archäologische auf der Stratigraphie. Weiterhin können die Textilien u.a. mithilfe von Inschriften, Numismatik, Dendrochronologie und durch den Vergleich mit anderen verwandten Objekten datiert werden. Die Daten, die infolge der vorgeschlagenen Untersuchungen entstehen, sind für die Datierung unverzichtbar und werden in der Datenbank gesammelt.
Die Idee zu diesem Datenbankprojekt wurde von Antoine De Moor (Antwerpen, Katoen Natie) initiiert und vom Team "textile-dates" der Universität Bonn weiterentwickelt, in Zusammenarbeit mit Mark van Strydonck vom Institut Royal du Patrimoine Artistique (IRPA KIK) in Brüssel. Primär hat sich die Datenbank nur mit Daten aus der Radiocarbondatierung befasst, sie wurde dann aber erweitert. Die Datenbank bietet zunächst einen Überblick sowie einen einfachen Zugang zu zuverlässig datierten Textilien aus dem 1. Jahrtausend v. Chr. und n. Chr.
Das Projekt
In den letzten Jahrzehnten wurde eine ganze Reihe von Textilien mit Radiokarbon datiert. Allerdings sind die Veröffentlichungsorte dieser Ergebnisse häufig schwer zu finden und nur denjenigen bekannt, die die Analysen bestellt oder durchgeführt haben. Dies ist einer der Hauptgründe dafür, dass Textilien – zu Unrecht – noch immer nicht in dem Umfang als historische Quelle genutzt werden, wie sie es könnten.
Darüber hinaus wird ein nachhaltiger Nutzen der Radiokohlenstoffanalyse erzielt, wenn man die Datierungen auch auf verwandte Textilien anwenden kann, die keine Indikatoren wie Stratigraphie, Datierungsinschriften oder Radiokohlenstoffanalyse aufweisen. Diese verwandten Textilien weisen Ähnlichkeiten in Stil, Technik und/oder Ikonographie auf.
Um ein Objekt richtig datieren zu können, muss man mehrere Proben sicher datiert haben. Die Sammlungen besitzen jedoch in der Regel nicht mehrere Textilien einer Art. Daher ist es wichtig Parallelen zu haben, um unsere Fähigkeit zur historischen Bewertung von Textilien zu verbessern und die – immer noch recht teuren – Radiokohlenstoff-Analysen optimal zu nutzen.
Laufzeit: 2021-2026
Förderung: Gielen-Leyendecker-Stiftung
Kooperation: LVR-LandesMuseum Bonn; LEIZA (RGZM) Mainz; KIK-IRPA Brüssel