Universität Bonn

Abteilung Christliche Archäologie

Die Geschichte der Abteilung


Die Christliche Archäologie als Forschungsbereich hat an der Universität Bonn eine lange Geschichte. Die wohl frühesten Veranstaltungen, die sich explizit mit Themen der Christlichen Archäologie befassten, waren Seminare geleitet von Hans Lietzmann, welcher 1900 für einige Jahre Privatdozent für Kirchengeschichte an der Kath.-Theol. Fakultät in Bonn war und bald darauf christlich Archäologische Übungen für Anfänger anbot.

Frühe Arbeiten von Bonner Gelehrten, die sich mit Themen der Christlichen Archäologie beschäftigten, waren z.B. Wilhelm Levinsons Studien zur Entstehung der Ursula-Legende (1927), in denen er auch die Clematius-Inschrift aus St. Ursula in Köln behandelte, und Wilhelm Neuss' kurz gefasste Arbeit über „Die Anfänge des Christentums im Rheinlande“, die er als Professor für mittelalterliche und neuere Kirchengeschichte an der Kath.-Theol. Fakultät in Bonn 1933 vorlegte.

Prägend für die Bonner Christliche Archäologie war aber vor allem die Tatsache, dass 1929 Franz Joseph Dölger in der Nachfolge von Albert Ehrhardt nach Bonn kam. Nach einem Aufenthalt in Rom wandte sich Franz Joseph Dölger der Erforschung der frühchristlichen Liturgie und der kirchlichen Institutionen zu. Das schloss für ihn die Untersuchung der archäologischen Denkmäler jeglicher Art und Herkunft – einschließlich der profanen – selbstverständlich ein. Der Grundstein für die Auseinandersetzung mit "Antike und Christentum" war gelegt.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Arbeit von Theodor Klauser, dem Nachfolger auf Franz Joseph Dölgers Lehrstuhl, fortgesetzt. Die Evangelisch-Theologische Fakultät erhielt ein eigenes „Christlich-archäologisches Seminar“, das von Erich Dinkler geleitet wurde. Zu der Zeit war auch Friedrich Wilhelm Deichmann als Honorarprofessor an der Philosophischen Fakultät tätig und hielt Vorlesungen und Seminare in Christlicher Archäologie. Nach dem Weggang Erich Dinklers aus Bonn wurde das Christlich-archäologische Seminar vorerst aufgegeben.

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© Felicitas Becker

Seit der Gründung des Franz Joseph Dölger-Institutes zur Erforschung der Spätantike im Jahr 1955 sind die Geschichte der Christlichen Archäologie und die des Dölger-Institutes eng miteinander verknüpft. Leiter des Dölger-Institutes waren Theodor Klauser (bis 1972) und Ernst Dassmann (bis 2001). Von 2001 bis 2019 wurde das Institut von Georg Schöllgen, Ernst Dassmanns Nachfolger auf dem Bonner Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte und Patrologie, geleitet. Auf Georg Schöllgen folgte seit Juli 2019 Christian Hornung als Direktor des Franz Joseph Dölger-Institutes und als Inhaber des Lehrstuhls für Alte Kirchengeschichte und Patrologie. 

1978 wurde nach intensiven Verhandlungen in der Evangelischen Fakultät wieder ein „Christlich-archäologisches Seminar“ eingerichtet. Seine Leitung übernahm Josef Engemann. Dies ermöglichte nun eine noch größere Effizienz in Lehre und Forschung der Christlichen Archäologie. Seit 1965, damals noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Dölger-Institutes, hat Engemann außerdem an den Grabungen in Abu Mina teilgenommen und bearbeitete vor allem die dort gefundene Keramik. Die Verantwortung für diese Bearbeitung behielt er bei seiner späteren Berufung auf die Professur der Christlichen Archäologie. Aufgrund der israelisch-ägyptischen Auseinandersetzungen und der Tatsache, dass der Unterhalt des Grabungshauses von Bonn aus kaum noch möglich war, wurde die Verantwortung für die Ausgrabung später der Abteilung Kairo des Deutschen Archäologischen Institutes übertragen.

Nachdem vom Nordrhein-Westfälischen Wissenschaftsministerium in Düsseldorf eine entsprechende Studien- und Prüfungsordnung in Kraft gesetzt worden war, wechselte das Fach 1984 an die Philosophische Fakultät, und es konnte eine Professur für Christliche Archäologie ausgeschrieben werden. Auf sie wurde Josef Engemann berufen. Das Seminar kam in den Räumen der Kunstgeschichte unter. Von nun an war es möglich, in Bonn Christliche Archäologie im Magisterhaupt- und Magisternebenfach zu studieren und in diesem Fach zu promovieren. Die Bibliothek der Christlichen Archäologie ist seitdem in die des Kunsthistorischen Instituts eingegliedert. Das Lehrangebot wurde wie zuvor durch andere Fachbereiche und Fakultäten ergänzt.

Durch diese breite Verankerung des Faches konnte, mehr als zwanzig Jahre nach dem 7. Internationalen Kongress für Christliche Archäologie in Trier, der 12. Internationale Kongress in Bonn abgehalten werden. Er fand unter großer Beteiligung vom 22.–28. September 1991 zum dem Thema: „Peregrinatio. Pilger­reise und Pilgerziel“ statt, in Zusammenarbeit zwischen dem Seminar für Christliche Archäologie und dem Franz Joseph Dölger-Institut erschienen 1995 die Akten des Kongresses in zwei umfangreichen Bänden (= Akten des XII. Internationalen Kongresses für Christliche Archäologie. Bonn 22.-28. September 1991 Teil 1-2 (=JbAC Erg.-Bd. 20,1-2) (Münster 1995)).

Josef Engemann leitete das Christlich Archäologische Seminar bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1991. Gegenstand seiner eigenen Arbeiten war, neben der Grundlagenforschung, vor allem die Bildwissenschaft. Danach konnte  Hans-Georg Severin berufen werden. Dieser verlagerte den Schwerpunkt der Ausbildung stärker auf die Sektoren Architektur, Bauschmuck und Skulptur.

Vom 11.-13. Mai 2006 fand in Bonn die 18. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Christliche Archäologie zur Erforschung spätantiker, frühmittelalterlicher und byzantinischer Kultur statt. Bonn richtete die Tagung damit zum dritten Mal aus, denn schon im Mai 1996 zur 13. Tagung und im September 1991 zur 10. Tagung konnten die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft in Bonn begrüßt werden.

Nach der Emeritierung von Severin 2006 wurde die Stelle im Zuge von Sparmaßnahmen nicht wieder besetzt. Damit drohte das Aus für die Christliche Ar­chäologie als Ausbildungsfach. Aufgrund internationaler Protestschreiben und im Zusammenwirken von Universitätsleitung, Philosophischer Fakultät und der Gielen-Leyendecker-Stiftung ist es 2008 gelungen, dieses Ende abzuwehren und dem Fach durch die Berufung von Sabine Schrenk eine zunächst auf 10 Jahre bemessene Zukunft zu sichern. Mit ihr wurde, als neuer Schwerpunkt neben der Bildwissenschaft, die Archäologische Textilforschung eingeführt - ein Alleinstellungsmerkmal an den deutschen Universitäten.

Gips Berliner Pyxis
© Felicitas Becker

Seit der strukturellen Neuordnung der Philosophischen Fakultät und der Wiederbesetzung der Christlichen Archäologie ist diese eine eigenständige Abteilung und gehört mittlerweile, zusammen mit den anderen archäologischen Fächern der Universität Bonn, zum Institut XI, dem Institut für Archäologie und Kulturanthropologie. Die Bibliothek der Christlichen Archäologie ist weiter im Kunsthistorischen Institut beheimatet und wächst stetig.

Nach der Emeritierung von Sabine Schrenk 2020 wurde Sabine Feist für zunächst fünf Jahre auf die Stiftungsprofessur (W2) berufen; 2023 erfolgte der Ruf auf die neugeschaffene, nun wieder dauerhafte Professur. 

Weiterführende Literatur

DASSMANN E., ENGEMANN J. (Hrsg.), Akten des XII. Internationalen Kongresses für Christliche Archäologie, Bonn 1991 = JbAC ErgBd. 20 = StudAntCrist 52 (Münster 1995).

DASSMANN E. , REXIN G., Christliche Archäologie in Bonn, RömQS 105 (2010), 143-62.

FAULENBACH H., Die Evangelisch-Theologische Fakultät in Bonn. Sechs Jahrzehnte aus ihrer Geschichte seit 1945 (Göttingen 2009).

SCHRENK S., LINSCHEID P., Die Christliche Archäologie im Bonner Kunsthistorischen Institut, Kanz (Hrsg.), Das Kunsthistorische Institut in Bonn. Geschichte und Gelehrte (Berlin 2018), 345-51.

SCHRENK S., VERSTEGEN  U. (Hrsg.), Forschungsgeschichte als Aufbruch. Beiträge zur Geschichte der Christlichen Archäologie und Byzantinischen Kunstgeschichte, XXIV. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Christliche Archäologie, Bonn 2018 (Heidelberg 2022), 45-5.

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